Wehen treten in einer Schwangerschaft nicht erst mit Geburtsbeginn auf. Hebamme Anja Constance Gaca erklärt dir hier, welche Funktion diese Übungswehen haben. Außerdem erfährst du, wie sich die so genannten Braxton-Hicks-Kontraktionen vom Auftreten sonstiger Schwangerschaftswehen unterscheiden. Und wann Handlungsbedarf für dich besteht.
Wehen in der Schwangerschaft im Überblick:
- Schwangerschaftswehen sind normal und setzen keine Geburt in Gang
- Sie fördern die Durchblutung und dienen als Wachstumsreiz für die Gebärmutter (Uterus)
- Sie werden auch Übungswehen genannt, weil sie eine Art „Muskeltraining“ für die spätere Geburtsarbeit des Uterus sind
- Sie bewirken keine Verkürzung des Gebärmutterhalses (Cervix) oder eine Eröffnung des Muttermundes.
- Schwangerschaftswehen sind kurz, unregelmäßig und koordiniert.
- Schwangere nehmen sie unterschiedlich wahr von keiner Empfindung bis zu sehr unangenem.
Immer wichtig: Wende dich an deine Hebamme oder Gynäkolog:in, wenn du ein Ziehen oder Schmerzen im Bauch nicht richtig einordnen kannst.
Braxton-Hicks-Kontraktionen, die Übungswehen
Die Gebärmutter ist auch außerhalb einer Schwangerschaft nie ganz still, sondern zieht sich als muskuläres Hohlorgan immer wieder zusammen. Vielleicht hast du diese Aktivität schon im Zusammenhang mit deinem Menstruationszyklus gespürt.
Kontraktionen sind die ganze Schwangerschaft lang als Ausdruck einer sich vorbereitenden Gebärmutter spürbar. Schwangerschaftswehen wie etwa die Braxton-Hicks-Kontraktionen haben aber keinen Effekt auf die Reifung und Verkürzung des Gebärmutterhalses sowie auf die Eröffnung des Muttermundes. Sie setzen also keine Geburt in Gang.
Die Aufgabe dieser Wehen besteht darin, die Durchblutung im Bereich der Gebärmutter und im Mutterkuchen (Plazenta) zu fördern. Außerdem sind diese nicht schmerzhaften Wehen eine Art Training für die Gebärmutter und ihre anstehenden Aufgaben. Schwangerschaftswehen treten in der Regel jenseits der 20. Schwangerschaftswoche auf. Sie sind unregelmäßig und eher kurz, dauern unter 30 Sekunden. Es gibt verschiedene Arten von Schwangerschaftswehen, die sich nicht immer eindeutig abgrenzen lassen.
Alvarezwellen, Wachstumsreiz für die Gebärmutter
So genannte Alvarez-Wellen sind kurze lokal begrenze Wehen in der Schwangerschaft mit einer niedrigen Intensität. Sie treten in kurzen Abständen von etwa einer Minute auf und dienen als Wachstumsreiz für die Gebärmuttermuskulatur. Würde man sie mit einem Tokogramm (Wehenschreiber) ab der ca. 20. Schwangerschaftswoche aufzeichnen, wäre ein typischer wellenförmiger Verlauf sichtbar.
CTG-Kontrollen sind aber in einer normal verlaufenden Schwangerschaft vor dem errechneten Termin nicht vorgesehen und haben keinen nachgewiesenen Nutzen.
Braxton-Hicks-Kontraktionen hingegen breiten sich über größere Teile des Uterus aus und haben schon einen etwas typischeren Verlauf ähnlich der späteren Geburtswehen. Nach einer Wehe kommt eine Wehenpause. Diese Wehen sind unregelmäßig und nehmen zum Ende der Schwangerschaft (ab der 30. SSW) an Intensität und auch in der Frequenz zu. In den letzten Wochen vor der Geburt breiten sie sich über die gesamte Gebärmutter aus.
Einfluss auf die Kindslage
Die Braxton-Hicks-Kontraktionen wurden von dem namengebenden, auf Geburtshilfe spezialisierten britischen Arzt John Braxton Hicks (1823–1897) auch als frustrane (unnütze) Wehen bezeichnet. Doch Wehen haben in der Regel eben immer eine Funktion.
So fördern die Braxton-Hicks-Kontraktionen die Durchblutung und haben Einfluss auf die Kindslage, indem sie das Baby in Längslage halten – also mit dem Kopf oder bei einer Beckenendlage mit dem Gesäß nach unten. Braxton-Hicks-Kontraktionen sind typischerweise nicht schmerzhaft. Die Intensität ist eher schwach bzw. nimmt nicht mit jeder weiteren Wehe zu oder wird sogar schwächer.
Braxton Hicks-Kontraktionen können auch nach Sport, Sex oder anstrengenden Tätigkeiten sowie bei Stress oder Flüssigkeitsmangel auftreten. Ausruhen, Trinken, ein Positionswechsel oder etwas Bewegung können dazu führen, dass die Kontraktionen nachlassen.
Senkwehen bewirken ein Tiefertreten
In den letzten drei bis vier Wochen vor der Geburt können auch Senk- oder Vorwehen auftreten. Diese sind ebenfalls unrhythmisch und können von vier bis zwölf Wehen in einer Stunde variieren. Auch ihre Intensität ist eher ungleichmäßig. Ihr Auftreten kann ein Tiefertreten des vorangehenden Körperteils bewirken – in der Regel das Köpfchen vom Baby.
Der Kopf tritt tiefer ins Becken ein, was zu einer sicht- und spürbaren Senkung des Bauches führen kann. Auch ein Verkürzen und Weicherwerden der Cervix ist möglich, wobei der Muttermund aber eher noch geschlossen bleibt. Ausführliche Informationen zum Umgang mit Senkwehen findest du hier.
Das Auftreten dieser unkoordinierten Wehentätigkeit in der Schwangerschaft ist also normal. Es nimmt in der 25. bis 40. Woche zu. Eine erhöhte Wehenbereitschaft zeigt sich typischerweise zwischen der 30. bis zur 34.Schwangerschaftswoche. Wie die physiologische Wehentätigkeit von der Schwangeren empfunden wird, ist sehr unterschiedlich. Während manche die Wehen gar nicht oder kaum wahrnehmen, berichten anderen von einem unangenehmen Ziehen
Umgang mit Schwangerschaftswehen
Zur Unterscheidung der Schwangerschaftwehen von geburtsrelevanten Wehen ist es wichtig, auf die Häufigkeit, die Dauer und vor allem die Intensität zu achten. Physiologische Schwangerschaftswehen sind unrhythmisch, eher kurz und nehmen nicht an Schmerzintensität zu. Notiere dir gegebenenfalls den Abstand zwischen den Wehen sowie die Dauer der einzelnen Wehe.
Schwangerschaftswehen können unangenehm, erschöpfend oder schlafraubend sein. Manchmal sind sie auch Zeichen einer zu hohen Belastung. Achte hier auch auf deine körperlichen Bedürfnisse und gebe besonders dem nach Ruhe entsprechend nach. Finde eine Position, die für dich angenehm ist. Vielleicht tut dir Wärme gut oder auch sanfte angenehme Berührung.
Gut für dich an dieser Stelle zu Sorgen, ist auch schon eine gute Vorbereitung auf die Geburt. Hier ist es wichtig, dass du für dich in jeder Geburtsphase die passende Position sowie weitere unterstützende Optionen (etwa Berührungen, Wärmeanwendungen, Massagen) im Umgang mit der Wehentätigkeit für dich immer wieder neu findest.
Vorzeitige Wehen rechtzeitig erkennen
Die den Muttermund eröffnenden Wehen sind der Regel deutlich intensiver, rhythmischer und vor allem in Stärke und Frequenz zunehmend. Trotz eines Positionswechsels, Wärmeanwendungen (etwa ein Bad) oder Hinlegen werden sie nicht schwächer oder hören auf.
Sollte dies – vor allem vor dem errechneten Geburtszeitraum – der Fall sein, lass die Situation immer fachlich beurteilen. Denn manchmal kommt es schon in der Schwangerschaft vorzeitig zu einer Wehentätigkeit, die muttermundswirksam ist und damit ein Hinweis auf mögliche Frühgeburtsbestrebungen.
Wenn sich Wehen also nicht eindeutig zuordnen lassen oder Sorge deshalb besteht, ist eine Abklärung durch die Hebamme oder die Frauenärztin bzw. den Frauenarzt immer empfohlen.
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