Auch wenn für uns der breifreie Beikostweg der passende war, entscheiden sich viele Eltern für das Füttern von Brei. Oder sie machen von allem ein bisschen. Wobei ich mit dem Begriff „füttern“ so ein wenig meine Schwierigkeiten habe. Das liegt wohl daran, dass ich schon vor vielen Jahren in meiner Ausbildung zur Krankenschwester etwas gelernt habe. Nämlich, dass man hilfsbedürftigen Menschen das Essen anreicht – und sie eben nicht füttert.
Aber wie auch immer man es nun benennt, wichtig ist, dass das Ganze achtsam und respektvoll passiert. Das gilt gegenüber großen und ganz kleinen Menschen. Ziel ist es nicht, in möglichst kurzer Zeit dem Kind eine möglichst große Menge Nahrung zu verabreichen. Eltern sollen das Kind beim Essenlernen individuell passend unterstützen. Die Zeiten sind zum Glück vorbei, in denen Kindern die Arme zum Brei füttern „fixiert“ wurden. Und manchmal sogar noch durch Druck im Wangenbereich nachgeholfen wurde, dass das Baby seine vorgegebene Portion auch brav schluckt.
In der Hektik des Babyalltags gehen trotzdem manchmal ein paar sinnvolle Kleinigkeiten bei der Beikosteinführung unter. Darum an dieser Stelle ein paar Tipps, um die Schritte eines Babys auf dem Weg zum Familientisch achtsam zu begleiten.
- Wichtige Voraussetzung und auch Beikostreifezeichen ist, dass ein Baby stabil mit nur wenig Unterstützung im unteren Rücken sitzen kann. Solange das Kind noch etwas Hilfe beim Sitzen braucht, ist der Schoß der beste Platz. Von hier aus kann man am flexibelsten unterstützen. Der Hochstuhl hat den Vorteil, dass man dem Kind wirklich gegenüber sitzt. So kann es genau verfolgen, was man tut. Auch auf dem Schoß kann man das Kind etwas seitlich setzen. So kann es den Blickkontakt halten und damit sehen, woher der Löffel kommt. Es fühlt sich nämlich ziemlich komisch an, wenn einem ein Löffel über die Schulter „fliegt“ und plötzlich knapp vor dem Mund landet. In diesem Bereich kann das Baby gar nicht mehr scharf erkennen, was da so ankommt. Aber auch als anreichender Mensch sieht man nicht, welche Bereitschaft das Baby gerade zum Essen anzeigt.
- Der gefüllte Löffel sollte nicht zwischen zwei zusammengepresste Lippen gequetscht werden. Statt dessen signalisiert das Baby durch erkennbares Interesse und Öffnen des Mundes seine Bereitschaft zum Essen. Das Baby gibt des Esstempo vor und nicht der nächste anrollende volle Löffel, der es zwangsweise schnell schlucken lässt. Das Abstreifen des Löffels am Gaumen des Kindes gehört auch zu den für das Kind nichts besonders angenehmen Füttermethoden. Die Sättigung oder nachlassendes Interesse wird durch Wegdrehen, den Mund zusammenkneifen oder das Wegschieben von Löffel oder Breiteller mit der Hand angezeigt. Wie beim Stillen oder Füttern von Säuglingsnahrung gilt es, auf die Signale des Kindes zu achten. So wird es nicht zum Stressthema für Eltern und Kind.
- Wenn ein Baby essen mag, isst es. Darum ist es nicht erforderlich, die Kinder mit allerlei Dingen abzulenken. Oder es gar gleich vor dem Fernseher zu parken, wo man den schnell den Brei in den vor Staunen weit aufgerissenen Mund befördert. Man muss die Kinder auch nicht beim Spielen mit dem Breilöffel verfolgen oder Flugzeug damit spielen. Und die Sonne scheint übrigens auch nicht verlässlich nach dem Leeressen des Breitellerchens. Auch wenn einem das vielleicht selbst als Kind so erzählt wurde. Die Grundlagen für ein gesundes Essverhalten werden bereits im Säuglingsalter gelegt. Deshalb ist es wichtig, dass die Kinder auch Hunger und Sättigung bewusst wahrnehmen und Eltern darauf eingehen.
- Natürlich läuft bei kleinen Essanfängern auch immer wieder Nahrung aus dem Mund. Oder die Kinder probieren die Fähigkeiten von Mund und Zunge aus, indem sie Nahrung auch mal herausprusten. Auch wenn es schwer fällt, sollte man den Brei-Schnurrbart nicht mit dem Löffel abkratzen und wieder in den Mund stecken. Die Mundregion ist sehr sensibel und viele Kinder sind deshalb davon sehr irritiert oder zeigen ihr Unbehagen dabei. Auch ständiges Wischen mit einem Tuch oder Lappen zwischendurch stört den ganzen Essvorgang.
- Egal ob Beikost in der Selbstessvariante oder als Brei gefüttert: Kinder wollen mitmachen. Dazu gehört beim Füttern, dass die Hände auch mal in den Brei getaucht und untersucht werden dürfen. Viele Kinder wollen mit einem eigenen Löffel mitmachen. Um einen zeitweise chaotischen Essplatz kommt man nicht herum, egal für welchen Beikostweg man sich entscheidet. Und nein, Obst- und Gemüsepürees aus Quetschtütchen sind keine Alternative, mit der ein Kind richtig essen lernen kann.
- Am besten lernen Babys durch Vorbilder. Deshalb ist es sinnvoll, wenn das fütternde Elternteil parallel auch etwas isst. Einige Kinder haben dann zwar mehr Interesse an dem „richtigen“ Essen auf dem Elternteller, aber wie schon eingangs geschrieben lassen sich auch Brei und Fingerfood prima kombinieren. Ein Löffel Brei und ein Haps Kartoffel aus der Hand im Wechsel funktioniert für viele Babys prima. Auch Brei gefütterte Kinder sollten die Gelegenheit bekommen, mit stückiger Kost umzugehen und das kauen zu lernen. Denn auch klassische Breipläne empfehlen ab dem neunten Monat den schrittweisen Übergang zur Familienkost.
Wem das jetzt alles zu kompliziert und theoretisch erscheint, dem gebe ich noch einen ganz einfachen praktischen Tipp: Sich einfach mal selbst füttern lassen. Und dabei ruhig auch mal die als im Text nicht so förderlich beschriebenen Dinge ausprobieren. So wird einem recht schnell klar, was sich gut anfühlt und was unangenehm ist. Und das gilt dann auch fürs Baby. Mir sind jedenfalls die praktischen Übungen zum „Essen anreichen“ aus der Krankenpflegeausbildung bis heute eindrucksvoll im Gedächtnis geblieben…
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