Häufig fragen Müttern sich, wie sie mit einem Kind, das das Einschlafstillen gewohnt ist, auch mal zu abendlicher babyfreier Zeit kommen. Der Vater kann ja schließlich nicht stillen. Da mir diese Frage im Hebammenalltag auch ständig begegnet und ich sie auch oft in der Stillgruppe beantworte, hier mein Wissen und meine Gedanken dazu…
Sehr viele gestillte Kinder werden auch in den Schlaf gestillt, das funktioniert meist recht gut, schnell und zuverlässig. Wenn man denn Brüste hat, die Milch produzieren. Und da geht das Kopfkino los, lange bevor tatsächlich der erste abendliche Termin ohne Baby für die Mutter ansteht.
Wie kann es jemals eine andere Bezugsperson des Babys schaffen (meist der Vater, aber auch eine liebe und vertraute Oma oder Freundin), mein Baby genauso gut in den Schlaf begleiten? Und es stimmt: GENAU SO wird das nicht funktionieren. Aber das heißt ja nicht, dass es nicht auch andere Wege gibt, die es der stillenden Mutter ermöglichen, auch mal ohne das Baby unterwegs zu sein.
Entschluss zur Stillauszeit
Wichtigste Voraussetzung ist aber, dass die Mutter das auch möchte. Also dass sie wirklich Lust hat, abends mit der besten Freundin mal essen zu gehen. Wenn man sich abends gerade sowieso zu fertig und müde fühlt, ist vielleicht das ausgiebige Freundinnenfrühstück im Lieblingscafé am Wochenende die bessere Wahl. Ist der berufliche Abendtermin wirklich wichtig, schön und interessant oder ist es nur die Angst, den Anschluss im Job zu verlieren? Wenn eine Mutter also wirklich die feste Absicht hat abends rauszugehen und sich auch auf diese kleine Babyauszeit freuen kann, steht das Stillen dem sicher nicht im Wege.
Für manche Mütter entsteht dieser Wunsch nach drei Monaten, für andere auch erst, wenn das Kind „schon“ 14 Monate alt ist. Beides ist okay und gut. Weder ist erstere eine Rabenmutter, noch letztere eine Superglucke. Verschiedene Mütter, verschiedene Bedürfnisse. Ja, und selbst von Kind zu Kind ist das verschieden. Also, genau in sich reinhorchen, wann es sich passend anfühlt. Das weiß nur jede Mutter selbst. Und nicht die schlaue Nachbarin, Schwiegermutter – und auch nicht die Hebamme.
Mama nebenan unentspannt auf dem Sofa
So, nun sind vielleicht die Konzertkarten gekauft. Oder die Teilnahme an einer Abendveranstaltung zugesagt. Das heißt, es wird ernst. Muss man von nun an dem Kind jeden Abend erzählen, dass und wann man demnächst weg geht? Oder gleich versuchen, ein künstliches Weggehszenario zu erschaffen. Da muss dann Papa versuchen, die abgepumpte Milch zu füttern, während Mama nebenan unentspannt auf dem Sofa lauert. Und dann beim wahrscheinlichen Protest des Kindes sagt: „Ich wusste ja, dass es nicht klappt.“
Nein. Alles was man an Vorbereitung tun muss, ist sich auf die Babyauszeit zu freuen und dem Vater (oder der anderen lieben Bezugsperson des Kindes) zu vertrauen. Das ist nicht immer einfach. Viele Eltern kaufen sich Unmengen von Flaschen und Saugern, um damit die abgepumpte Muttermilch in das Kind zu bekommen. Denn es wäre ja ungemein beruhigend, vorab zu sehen, dass das funktioniert.
Wird es aber wahrscheinlich nicht. Denn für das Kind besteht keine Notwendigkeit dazu, wenn die bekannte Milchquelle nebenan wartet. Je nach Dauer der geplanten Abwesenheit und je nach Alter des Kindes ist es sicher sinnvoll, eine kleine Menge Muttermilch abzupumpen. Aber sehr viele Kinder stillen vorher und nach Mamas Rückkehr. Die ist darüber meist auch recht dankbar, wenn die Brust bereits etwas spannt…
Baby nicht mit Einschlafversuchen stressen
Wenn ein Baby bisher immer nur durch Stillen in den Schlaf begleitet wurde, wird es verständlicherweise irritiert reagieren, wenn der Vater es versucht, einfach so schlafen zu legen. Auch dann vermutlich, wenn er sich mit dazu legt. Ja, Kinder sind kleine Gewohnheitstiere, aber doch durchaus so flexibel, dass in anderen Situationen andere Dinge funktionieren. Also ist es vielleicht sinnvoller, das Kind im Tragetuch in den Schlaf zu begleiten. Auch ein Abendspaziergang, ob nun mit Tuch oder Kinderwagen, kann Baby und Papa gleichermaßen entspannen. Bis zur mütterlichen Rückkehr schläft es dann dort einfach weiter. Wer will schon das friedlich schlafende Baby damit aufwecken, es ins Bett umzulagern?
Manchmal ist es auch sinnvoller, länger mit dem Kind zu spielen, anstatt sich selbst und das Baby mit Einschlafversuchen zu stressen. Hier gibt es kein Patentrezept, außer zu schauen, was das Bedürfnis des Kindes ist und wie man liebevoll damit umgeht. Es gibt so viele Einflussfaktoren wie das Alter des Babys, seine momentane Verfassung, den bisherigen Tagesablauf, Wachstumsschübe und so weiter. Deshalb ist zu viel planen eher sinnlos.
Väter sind auch kreativer als manche Mütter denken, wenn es darum geht, das Baby auch ohne Stillen empathisch zu beruhigen. Ja, und das Baby darf auch darüber schimpfen, dass Mama nicht da ist. Liebevoll begleitet ist das in Ordnung und wenn mal alles ganz, ganz schief läuft, darf ein für den Moment überforderter Vater auch seine Partnerin anrufen und bitten, früher zu kommen. Oder ihr das Kind zum Stillen bringen. Ein „gescheiterter“ Weggehversuch heißt auch nicht, dass die stillende Mutter nie wieder alleine raus kann. Eine Woche später kann die Situation schon ganz anders aussehen.
Ohne Riesenstress geschaukelt
Aus eigener aber auch beruflicher Erfahrung mit diesen Situationen weiß ich, dass der Stress vorab meist wesentlich größer ist als an dem Abend selbst. Ich kenne viele Szenarien von gestillten Kindern und kurzfristig abwesenden Müttern, die meistens gut funktionieren, wenn die Eltern flexibel bleiben. Eine Mutter hat sogar mit großen „Bauchschmerzen“ die dreitägige, für sie sehr wichtige Dienstreise ohne Stillkind angetreten. Natürlich mit größter Sorge, dass sich das acht Monate alte Baby abstillen würde. Sie hat mit Abpumpen ihre Milchproduktion aufrecht erhalten und der kleine Mann hat nach ihrer Rückkehr ohne Probleme weitergestillt. Ich kenne Orchestermusikerinnen, die mehrere Abende in der Woche beruflich eingespannt waren. Oder geburtshilflich arbeitende Kolleginnen, die noch stillend wieder Geburten begleitet haben, die ja bekanntermaßen zeitlich nicht wirklich gut planbar sind.
Letzten Endes muss es für die jeweilige Familie und ihre Situation passen. Abstillen oder das Einschlafstillen weglassen muss man auf jeden Fall dafür nicht. Und schon gar nicht für einen Kinobesuch oder die wöchentliche Yogastunde am Abend. Meist geht es ja auch wirklich nur um ein paar wenige kinderfreie Stunden.
Vielleicht macht der erste Abendausflug ohne Kind Lust auf mehr. Vielleicht ist aber auch die Sehnsucht größer und es reicht erst mal. Alles ist gut so, wie es ist. Es ist wirklich wichtig als Mutter, gut für sich selbst zu sorgen, damit die Kraft für den Alltag mit einem Baby oder sehr kleinen Kindern erhalten bleibt. Ob das eine Stunde in der häuslichen Badewanne ist oder drei Stunden im Kino, muss jede Mutter selbst für sich entscheiden. Und wenn es sich trotzdem noch kompliziert anfühlt, immer daran denken, dass es nur eine relativ kurze Zeit ist, in der unsere Kinder uns derart intensiv brauchen.
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