Gestern habe ich mir „Meine Narbe – ein Schnitt ins Leben“ angesehen. Ein Film aus Österreich, der das Thema Kaiserschnitt behandelt. Dort kommt genau wie in Deutschland mittlerweile annähernd ein Drittel aller Kinder auf diesem Weg zur Welt. Eltern sowie Hebammen und Ärzte kommen zur Wort. Ich möchte hier nicht auf Gründe für oder gegen die operative Geburt eingehen – das Thema ist noch mal einen eigenen Artikel wert.
Beim Sehen des Filmes ist mir allerdings erneut bewusst geworden, wie schwer und anstrengend auch dieser Geburtsweg ist. Jeder der behauptet, dass es sich Kaiserschnittmütter womöglich „leicht mit der Geburt machen“, sollte diesen Film sehen. Und das nicht, weil er blutige oder abschreckende Bilder zeigt. Aber er beschreibt sehr deutlich, wie sehr der Kaiserschnitt die Frauen körperlich und seelisch belasten kann. Ein Kaiserschnitt ist kein kleiner Eingriff und auch kein entspannter Spaziergang auf einer Blumenwiese, den diese Frauen machen, während sich die wehende Frau im Kreißsaal einen schier unüberwindbaren Berg hochquälen muss.
Die im Film interviewten Frauen erzählen das, was wir Hebammen von so vielen Frauen nach einem Kaiserschnitt hören, wenn wir im Wochenbett auf ihrer Bettkante sitzen. Sie erzählen vom Gefühl des Ausgeliefertseins, von Angst und von Trauer um die verpassten ersten Momente. Die allermeisten Kaiserschnitte sind keine Wunschkaiserschnitte, sondern werden entweder aus dem Geburtsverlauf heraus entschieden oder Frauen entscheiden sich auf Empfehlung ihres Arztes dazu, zum Beispiel beim Vorliegen einer Beckenendlage. Und auch wenn ich selbst ein Kind unkompliziert spontan aus dieser Geburtslage geboren habe, verstehe ich die Frauen, die auf die meist anders lautende Empfehlung ihres Arztes hören.
Zeit, Kraft, Respekt und Liebe
Im Film wird angeben, dass 70 Prozent der Frauen sich für einen Kaiserschnitt aufgrund einer ärztlichen Empfehlung entscheiden. Auch die Ärzte haben genau wie die Hebammen das Dilemma, immer mit einem Bein im Gefängnis zu stehen, wenn sich nachher herausstellt, dass der „rettende Kaiserschnitt“ zu spät gemacht wurde. Dies beeinflusst natürlich ihre Empfehlungen. Den Aspekt, dass Kaiserschnitte wesentlich lukrativer sind für eine geburtshilfliche Abteilung eines Krankenhauses, lasse ich an dieser Stelle einmal außen vor.
Und warum sollte eine Mutter generell die Empfehlung ihres Arztes für diese an sich gute und ja auch durchaus lebensrettende geburtshilfliche Operation anzweifeln? Alle Eltern möchten das vermeintlich Beste für ihr Kind. Wie soll ein Laie, der sich auch noch in ganz besonderen Umständen befindet, das alles überblicken können, wenn sogar die Geburtshelfer untereinander bisweilen keinen Konsens finden?
Der Film zeigt jedenfalls deutlich, dass ein Kaiserschnitt keine leichte Geburt ist, ganz im Gegenteil. Generell gibt es und wird es immer Geburten geben, die mehr oder weniger anstrengend sind. Das bestimmen viele individuelle Faktoren, auf die wir am Ende doch nur wenig Einfluss haben. Doch jede Mutter hat ihr Kind geboren und verdient dafür Respekt und Anerkennung – egal, ob es eine spontane Geburt oder eine Bauchgeburt war. Aber vor allem verdient eine Frau in den Stunden ihrer Geburt eine respektvolle und achtsame Begleitung, ob nun im Kreißsaal oder im Operationsraum. Oder wie es eine Mutter am Ende des Filmes sehr treffend sagt, in dem sie allen Gebärenden „Zeit, Kraft, Respekt und Liebe für diese einzigartigen, unwiederbringlichen Stunden im Leben einer Frau“ wünscht.
Literatur:
Der Kaiserschnitt hat kein Gesicht, C. Oblasser und U.Ebner | Meine Wunschgeburt, U. Taschner und K. Scheck | Kaiserschnitt und Kaiserschnittmütter, B.R. Meissner
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