Auch nicht (mehr) oder zum Teil gestillte Babys brauchen Milch zum Wachsen und Gedeihen. Die erste Wahl ist immer Muttermilch- die der eigenen Mutter (von Hand entleert oder abgepumpt) oder auch unter kontrollierten Bedingungen gespendete Muttermilch. Aber diese steht in Form von Muttermilchspenden nur in sehr eingeschränkten Mengen zu kontrollierten Bedingungen zur Verfügung. Daher profitieren meist nur Frühgeborene und kranke Neugeborene davon, die in einer Klinik mit einer angeschlossenen Muttermilchbank behandelt werden.
Die nächste beste Wahl und vor allem flächendeckend und in der Regel immer erhältlich ist industriell hergestellte Säuglingsnahrung. Diese ist auf Kuhmilchbasis hergestellt. Sie wurde aber entsprechend im Eiweißgehalt der Muttermilch angepasst. Auch alle anderen für die Entwicklung von Babys notwendigen Nährstoffe sind in der Menge entsprechend justiert oder zugesetzt. Die in der Muttermilch enthaltenen Immunstoffe beinhaltet sie allerdings nicht. Auch bei geringer Muttermilchproduktion lohnt es sich, das Kind trotzdem zu stillen. In jedem Tropfen Muttermilch stecken zusätzliche wertvolle Inhaltsstoffe, die sich positiv auf die Gesundheit des Kindes auswirken. Die Voraussetzung für das Teilstillen ist natürlich immer, dass auch die Mutter dies möchte.
PRE, HA…
Die Hersteller versuchen kontinuierlich, durch laufende Forschung die Säuglingsnahrung zu optimieren. So setzen zum Beispiel seit ein paar Jahren einige Hersteller der Pre-Nahrung sogenannte Prä- und Probiotika bei. Die sollen das Immunsystem stärken und beim Aufbau einer gesunden Darmflora helfen. Bisher sind diese möglichen Vorteile wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Darum wird von Experten diese Nahrung nicht bevorzugt empfohlen.
Die Herstellung von Säuglingsnahrung in Deutschland unterliegt strengen gesetzlichen Richtlinien. Man kann davon ausgehen, dass in jeder Milchnahrung, egal von welchem Hersteller, die benötigten Nährstoffe für gesundes Wachstum eines Babys enthalten sind. Teurer ist also hier nicht unbedingt besser.
Von Geburt an wird eine so genannte Pre-Nahrung empfohlen. Diese hat die Aufschrift „von Geburt an“, „ab der ersten Lebenswoche“ oder „ab dem ersten Fläschchen“. Für allergiegefährdete Kinder – wenn die Eltern oder ein Geschwisterkind selbst Allergiker sind – wird zudem die Verwendung so genannter HA-Nahrung empfohlen. Bei dieser hypoallergenen (HA) Nahrung sind die Kuhmilcheiweißbestandteile weiter aufgespalten. Dies sorgt dafür, dass der Körper es nicht so schnell als Fremdeiweiß erkennt. Die HA-Nahrung ist durch die Aufspaltung leicht bitter im Geschmack. Sie wird aber trotzdem in der Regel von den Babys akzeptiert, wenn sie von Anfang an gegeben wurde. Da Kinder mit Beginn der Beikosteinführung mit einer Vielzahl potenzieller Allergene in Kontakt kommen, ist ein Nutzen dieser Nahrung über die Beikostzeit hinaus bisher nicht belegt. Es gibt die HA-Nahrung auch als Folgemilch ab dem Beikostalter. Für einen Vorteil dieser Nahrung in Bezug auf die Allergieprävention von Risikokindern gibt es bisher keinen wissenschaftlichen Beleg.
Eins, zwei oder drei…
Doch die große Frage, die sich alle Pre-Nahrung fütternden Eltern stellen, ist ja die, ob und wann Folgemilch denn nun notwendig ist. Wenn man vor den prall gefüllten Drogerieregalen steht, kommt man schon ins Grübeln. Ist denn nun die Nahrung mit der zusätzlichen Kennzeichnung 1, 2 oder 3 die bessere Wahl als die nummernlose Pre-Nahrung? Zumal diese Nahrungen oft mehr Sättigung und manchmal sogar „besseren Schlaf“ auf der Umverpackung versprechen.
Pre-Nahrung enthält ebenso wie die Muttermilch als einziges Kohlenhydrat Laktose. Die so genannte 1er-Nahrung kann zusätzlich noch weitere Kohlenhydrate wie Maltose, Maltodextrin oder auch Stärke enthalten. Diese sorgen zum Beispiel dafür, dass die Milch etwas sämiger ist und optisch gehaltvoller wirkt. Große Unterschiede im Energiegehalt gibt es da aber nicht. Deshalb sollen sowohl Pre-Nahrung als auch 1er-Nahrung nach Bedarf des Kindes gegeben werden. Das heißt, dass nicht die Vorschrift auf der Verpackungsrückseite, sondern das Baby die Häufigkeit und Menge der Mahlzeiten bestimmt. Auch Flasche fütternde Eltern sollten deshalb die frühen Hungerzeichen ebenso wie die Sättigungsignale ihres Babys kennen.
Durch die zusätzliche Stärke in der 1er-Nahrung kann die Magenverweildauer der Milch etwas länger sein. Das kann eventuell zu größeren Abständen zwischen den Mahlzeiten führen. Dies mag ja zum Beispiel nachts durchaus gewünscht sein. Die zusätzlichen Zuckerzusätze in der 1er-Nahrung sorgen für einen oft etwas süßeren Geschmack und damit auch für eine Prägung der ohnehin von Babys bevorzugten Geschmacksvorliebe „süß“. Es ist also sicher sinnvoll, genau aufs Etikett von 1er-Nahrungen zu schauen und Produkte mit zusätzlichen Zuckerzusätzen (etwa Glukose oder Maltose) außer der Laktose im Regal stehen zu lassen. Oft ist die 1er-Nahrung etwas preisgünstiger. Das kann durchaus ein Kaufargument sein. Denn industriell hergestellte Säuglingsnahrung kostet Eltern durchschnittlich 75 Euro im Monat inklusive benötigtem Zubehör.
Der Blick aufs Kleingedruckte
Genau wie bei gestillten Kindern, die mit drei oder vier Monaten gerne mal unruhiger trinken oder nachts öfter aufwachen, trifft das auch oft auf mit Pre-Nahrung gefütterte Kinder zu. Während die stillende Mutter dann eventuell an ihrer Milchproduktion zweifelt, wird die nicht stillende Mutter vielleicht den Nährwert der so dünn aussehenden Pre-Nahrung in Frage stellen. Beide kann ich in der Regel beruhigen. Weder die Muttermilch muss irgendwie angereichert oder optimiert werden, noch ist es notwendig, auf Folgenahrungen (auch 2er-und 3er-Nahrung genannt) umzusteigen. Ganz im Gegenteil bergen diese sogar einige gesundheitliche Risiken. Sie sind in der Nährstoffzusammensetzung im Vergleich zur Muttermilch weniger gut. Proteingehalt und Eiweißzusammensetzung sind oft in unphysiologischer Weise erhöht – und das bei einer eher geringen Erhöhung der Gesamtkalorienmenge. Für Kälbchen, die ja schnell an Muskelmasse zunehmen, ist der höhere Eiweißgehalt von Kuhmilch ja durchaus sinnvoll.
Für Menschenkinder mit einem raschen Hirnwachstum sind andere Nährstoffzusammensetzungen sinnvoller. Eine Aufnahme zu hoher Eiweißmengen kann das spätere Risiko für Übergewicht (Adipositas) mit all seinen Folgen erhöhen. Folgemilch darf deshalb auch nicht als „Muttermilchersatz“ gegeben werden, sondern frühestens nach Einführung der Beikost ergänzend dazu. Der Hinweis nach dem „4. Monat“ oder auch ab dem 6. Monat“ auf den Folgenahrungspackungen heißt also nicht, dass diese zu dem Zeitpunkt jetzt „dran“ wären, sondern – wenn überhaupt – frühestens dann gegeben werden dürfen. Ernährungsgphysiologisch werden sie aber von Experten nicht empfohlen.
Wenn Eltern doch Folgenahrung füttern möchten, soll diese nach Packungsanweisung und nicht nach Bedarf gefüttert werden. Es sollte aber klar geworden sein, dass es sich bei Folgemilch eigentlich um eine weniger optimal konzipierte Nahrung (gegenüber der Pre-Nahrung) handelt, die zum Teil auch noch unerwünschte Zusatzstoffe wie z.B. Vanillin enthalten. Die Entscheidung für oder gegen Folgenahrungen obliegt den Eltern, aber ein Blick aufs Kleingedruckte lohnt sich immer.
Orientierung im Babynahrungsdschungel
Und damit Eltern jetzt nicht weiterhin überfordert vor dem Babynahungsregal stehen, noch mal alles kurz zusammengefasst:
- Die Pre-Nahrung, die von Geburt an gegeben wird, kann im ganzen ersten Lebensjahr weiter verwendet werden.
- Falls ein Kind mit erhöhtem Allergierisiko (wenn Eltern oder Geschwister eine Allergie haben) HA-Nahrung erhält, kann mit Beikostbeginn von der HA auf reguläre Pre-Nahrung gewechselt werden.
- Pre-Nahrung und 1er-Nahrung werden nach Bedarf des Kindes gefüttert.
- Folgenahrungen (2er, 3er, 4er) sind nicht notwendig. Wenn Eltern diese doch für ihr Kind wünschen, sollten sie auf Produkte mit keinen oder möglichst wenigen überflüssigen Zusatzstoffen zurückgreifen und diese erst nach der Beikosteinführung und entsprechend der Herstellerempfehlung füttern.
- Und wer jetzt immer noch im Säuglingsnahrungs-Dschungel umherirrt, kann auch gerne noch mal seine Hebamme fragen. Bis zum Ende des neunten Lebensmonats übernehmen die Krankenkassen die Kosten für bis zu acht Beratungen zur Babyernährung auch bei nicht stillenden Müttern.
Schreibe einen Kommentar