Es war heute nicht die erste Demo in Sachen Hebammen, auf der ich dabei war. Schon in der Ausbildung haben meine Hebammenfreundin Simone und ich 1999 zusammen mit den Krankenschwestern und Krankenpflegern in Berlin für bessere Arbeitsbedingungen vor dem Roten Rathaus demonstriert und dafür sogar den Bus zurück nach Niedersachsen verpasst.
Und auch nach der Ausbildung stand ich hier in Berlin immer wieder an irgendwelchen mehr oder weniger prominenten Stellen und habe zusammen mit meinen Kolleginnen und einer Handvoll Eltern versucht, irgendwas zu verbessern.
Manchmal waren mehr Pressevertreter als Demonstranten da, wenn wir irgendwo im Nieselregen standen. In den zwei Jahren, in denen ich berufspolitisch im Berliner Hebammenverband mitgearbeitet habe, konnte ich das Wort „Demo“ bisweilen nicht mehr hören, weil ich damit doch mittlerweile mehr eine kleine unauffällige Menschenmenge verband, die sich für etwas einsetzte, was für einen Großteil der Bevölkerung einfach uninteressant schien. Man kann also sagen, ich bin nach den vielen Jahren mittlerweile wirklich etwas demonstrationsmüde geworden. Und trotzdem – die Hoffnung stirbt zuletzt – habe ich mich doch immer wieder auf den Weg gemacht. Weil nichts tun sich irgendwie noch hilfloser anfühlt.
Doch schon bei der Mahnwache am 24.Februar war es anders als sonst. Denn da standen nicht nur die drei üblichen Verdächtigen, sprich die Kolleginnen, die bei welchem Wind und Wetter auch immer da sind. Da standen auf einmal Eltern – und zwar viele. Und sie waren gut informiert und wussten genau, was sie wollen. Und sie waren wütend, erbost darüber, wie mit ihren Rechten und Wünschen auf einen gut begleiteten Lebensanfang und damit verbunden mit den Hebammen umgegangen wird.
Von Löwenmüttern und Löwenvätern
Da standen auf einmal die, um die es wirklich geht. Die Eltern mit ihren Kindern – noch im Bauch, auf dem Arm oder an der Hand. Diejenigen, die wissen, warum ihnen die Hebammenbetreuung wichtig ist. Und bei mir als demonstrationsmüder Hebamme flammte wieder ein Fünkchen Hoffnung auf, obwohl die Hebammenmisere zurzeit am absoluten Tiefpunkt angekommen ist. Und heute waren da neben den schon lange wütenden Hebammen einige Tausend Eltern in Berlin unterwegs, die lautstark ihren Unmut kundtaten. Es waren viele, noch viele mehr als bei der letzten Protestveranstaltung.
Es sind aber nach wie vor immer noch viel zu wenige Menschen, die die das ganze Problem und die dramatischen Auswirkungen komplett begriffen haben, weshalb wir sicher noch einen sehr langen Atem brauchen werden. Und auch wenn ich mir wie so viele Kolleginnen innerlich schon den Plan B oder C überlegt habe, habe ich da gemerkt, dass ich das Ganze nicht so einfach hinschmeißen kann, will und werde, wie ich es mir doch manchmal einrede. Ich liebe diesen Beruf. Ich liebe die gute Energie, die von den Familien in dieser Lebensphase ausgeht. Nie wieder sind wir so bereit, negative Umstände zu ändern oder wie Löwenmütter (und Löwenväter) für das Gute zu kämpfen, wie in der Phase, in der wir unsere Kinder beim Großwerden begleiten. Darum werde ich, wenn es sein muss, noch zu weiteren 100 Demos gehen. Als Hebamme und als Mutter, denn ich möchte, dass auch meine Kinder und Enkelkinder später noch von Hebammen gut begleitet werden können.
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