Heute erzählt uns eine Leserin, die ungenannt bleiben möchte, aus ihrem Wochenbett – und von einer Zeit, die für sie stark belastet war durch das zum Teil wirklich übergriffige Verhalten ihrer Schwiegermutter. Die starken Differenzen zwischen den Bedürfnissen der frisch geborenen Familie und denen der anderen Familienmitglieder erlebe ich leider auch oft als Hebamme, wenn ich Familien im Wochenbett begleite. Dazu hatte ich ja hier schon einmal zu guten Großeltern und zu übermäßigem Besuch im Wochenbett geschrieben.
Das geplante Wunschkind hat das Licht der Welt erblickt. Voller Stolz lässt man den Besuch ins Krankenhaus kommen und gibt schweren Herzens sein Neugeborenes aus der Hand, um sein Glück mit der Schwiegermutter zu teilen. Das scheint auch der Augenblick zu sein, aus dem ein ehemals inniges Verhältnis zu einem Machtkampf werden kann – und die Schwiegermutter im schlimmsten Fall zur Konkurrentin mutiert was bis zum Schwiegermuttermilchstau führen kann. Und so ist es mir passiert.
Aktuell lebe ich zurückgezogen zur Schwiegerfamilie. Jeder Tag, an dem ich nichts von dieser Seite sehe und höre, ist wie ein Geschenk für mich. Ich weiß gar nicht wirklich, warum ich überhaupt diesen Text verfasse. Vielleicht als Warnung an werdende Mütter, als Seelentrost, um Gleichgesinnte zu finden oder einfach nur zur abendlichen Unterhaltung? Ich kann es nicht beantworten. Mir ist klar, dass es etliche solcher Storys im Internet zu finden gibt – allerdings ist es so, wenn ich in meinem Umfeld und Bekanntenkreis nachfrage, hat niemand derartige Erfahrungen gemacht wie ich.
Die Geburt meines Babys war eine schwere und anfangs natürliche Geburt. Als es fast vorbei war, folgten aufgrund von Geburtsstillstand nochmal Saugglocke und Dammschnitt. Letztendlich ist man stolz und glücklich über das kleine Wunder und sehnt den Tag der Krankenhausentlassung herbei, um sich in seinen vier Wänden als neue Familie einfinden und kennenlernen zu können. Nach dem Krankenhaus hielten wir zwei Tage später den Pflichtbesuch bei der großen Schwiegerfamilie ab, damit auch alle nochmal das Baby kennenlernen konnten – und mit diesem Tag begann der Macht- und Konkurrenzkampf.
Großes Familientreffen mit der Schwiegermutter
Der Pflichtbesuch fand im Haushalt der Schwiegereltern statt, die Tür wurde geöffnet, die Autobabyschale wurde meinem Mann aus der Hand gerissen, unser Baby wurde auf den Küchentisch zur Beschau gestellt. Mit uns eingerechnet standen nun zehn Erwachsene und drei Hunde um unser Baby – und jeder wollte es haben.
Ich war einfach nur ohnmächtig in diesem Moment, erfreulicherweise hat mein Mann ohne zu zögern eingegriffen und unserem Kind den Schutz gegeben, den es brauchte. Er nahm das Baby und ging weg. Insgesamt haben wir uns vier Stunden dort aufgehalten. Nach der Geburt war ich voll mit Wasser und aufgedunsen, mit meinen Beinen hätte ich jedem Elefanten Konkurrenz machen können, meine Haut spannte, mein Dammschnitt war nur noch ein durchgehend andauernder Schmerz. Es dauerte viele Wochen bis dieser verheilt war.
Als wir gegangen sind, habe ich mich mit den Worten verabschiedet, dass mir das zu viel und zu anstrengend ist und ich jetzt erstmal sieben Tage Kontaktsperre brauche. Aus den angekündigten sieben Tagen wurden zehn Tage Funkstille. Vor der Geburt hatten wir fast täglich miteinander zu tun, weil wir in einem Haushalt gelebt hatten. Zum Glück haben wir rechtzeitig noch unser eigenes Nest vorbereiten können.
Manipulation und Schuldgefühle durch die Schwiegermutter
Einen Tag nach dem großen Familientreffen stand der nächste Besuch von der Verwandtschaft meines Mannes auf der Matte, den wenige Tage zuvor meine Schwiegermutter organisiert hatte. Auch wieder mit Manipulation und Schuldgefühlen, dass der Onkel-XY ja so krank sei, es jeden Tag mit ihm zu Ende gehen könne und er und seine Frau extra einen Weg von 600 Kilometer auf sich genommen hätten, nur um das Baby zu sehen. Ist irgendwie klar, dass man sich da auch wieder das NEIN verkneift, oder?
Jedenfalls hatte ich dann meine Schwiegereltern mit besagter Tante und Onkel hier sitzen. Auf das Nachfragen meiner Schwiegermutter gab ich ihr mein Baby auf den Arm und verließ den Raum, weil mir alles zu viel wurde. Als ich nach 15 Minuten wieder kam, hatte diese für mich völlig fremde Tante, die ich zuvor noch nie in meinem Leben gesehen hatte, mein wenige Tage altes Baby auf dem Arm. Mein Vertrauen zu meiner Schwiegermutter ging immer mehr verloren.
Ich war so dankbar für die darauffolgenden Tage zu Hause und habe diese Ruhe genossen. Meine Schwiegermutter hatte ein Talent dafür, immer dann anzurufen, wenn ich gerade mit dem Stillen begonnen hatte. Aber man kann das Handy ja auch liegen lassen, was ich dann auch tat. Ich bestaunte mein Baby, verarbeitete die Geburt und den Todesfall einer sehr nahestehenden Person. Einige Mütter sind vermutlich noch in der Lage, sich an diese sensible Zeit, in der man absolut angreifbar und geschwächt ist, zu erinnern. So dachte ich auch immer von meiner Schwiegermutter, dass sie sich bei drei Kindern (eines noch um Haushalt lebend) in das Ganze einfühlen kann. Es stellte sich heraus, dass dem nicht so war.
Es hat mich verändert, unsere Ehe verändert
Ich war mit Baby zu Hause und mein Mann im Elternhaus, wir wohnen zwei Straßen auseinander. Dann klingelte mein Handy. Mein Mann war dran und berichtete mir just in diesem Moment von seiner völlig aufgelösten und weinenden Mutter, der das Enkelkind schon ganze zehn Tage vorenthalten wird – und das sie mein Neugeborenes für eine Stunde die Woche haben will. Ich hatte so eine Wut und habe das Telefonat sofort beendet.
Das ist das Letzte, was eine frisch gebackene Mutter mit einem nicht mal zwei Wochen alten Säugling gebrauchen kann. Als mein Mann nach Hause kam, gab es einen riesigen Zoff, unsere Ehe wäre von meiner Seite aus fast den Bach runter gegangen. Es flogen Sachen durch die Gegend, das hatte ich im ganzen Leben noch nicht gemacht. Ich habe mich durch meine Schwiegermutter so unter Druck gesetzt und durch ihre Tränen manipuliert gefühlt. Dieser Vorfall hat unsere Ehe sehr belastet.
Ich wollte doch einfach nur Babyflitterwochen, diese Babyflitterwochen wurden mit folgendem Satz meines Mannes beendet: „Wenn unser Kind tot wäre, gäbe es diese ganzen Konflikte nicht.“ Heute denke ich, dass diese Aussage im Affekt entstanden ist, dennoch war es ein Schlag in mein Gesicht. Es hat mich verändert, unsere Ehe verändert und auch meine Sicht auf meine Schwiegermutter. Ich stillte und stille noch und fing für drei Wochen wieder das Rauchen an, zwei oder drei am Tag.
„Ist bei uns in der Familie so üblich“
Ich suchte ein klärendes Gespräch mit meiner Schwiegermutter, doch von ihr kam nur: „Ich bin froh, dass wir geredet haben, aber ich kann dich nicht verstehen, damals waren wir Frauen anders“. In der gleichen Woche folgte noch ein Gespräch im Beisein meiner Hebamme, dem einzigen Menschen, der zu diesem Zeitpunkt zu mir hielt. Und später folgte noch ein drittes Gespräch zwischen meinem Mann und seiner Mutter.
Mir haben diese Gespräche rein gar nichts gebracht, weil ich auf völliges Unverständnis getroffen bin. Stattdessen kam vom Schwiegervater der Satz: „Was wäre dabei, deiner Schwiegermutter jeden Tag ein Foto oder Video vom Baby zu schicken?“ Ihre Antwort war: „Naja, nicht jeden Tag, aber jeden dritten.“ Ich habe trotzdem versucht, mich anzunähern, doch jedes Mal kamen Sticheleien wie „Du stillst ja nicht ewig“, „Wollt ihr euren Essensgutschein nicht mal einlösen?“, „Ihr könnt ruhig ins Kino gehen, ich pass auf“, „Ich freu mich schon auf meinen ersten Spaziergang, dann kann ich jedem das Baby zeigen“ oder „Mein Kind, mein Baby“.
Das alles gab mir langsam zu denken. Dass meine Schwiegermutter da von „Mein Kind, mein Baby“ sprach, das ging gar nicht. Ich habe versucht, diese Wortwahl zu unterbinden, habe in einer Situation fragend wiederholt: „Euer Kind?“ Mein Schwiegervater griff direkt ein: „Ist bei uns in der Familie so üblich“. Da wurde mein Einwand also direkt ausgebremst.
Jede Löwenmama beschützt ihr Kind vor lauernden Hyänen
Zunehmend habe ich mich immer unwohler in Gegenwart meiner Schwiegereltern gefühlt. Meine Schwiegermutter hat mich spüren lassen, dass ich einen Störfaktor bin, der zwischen ihr und ihrem Enkel steht. Beim letzten Besuch wurde ich nach der dritten Begrüßung meinerseits zurück gegrüßt. Der tatsächlich richtige Bruch entstand für mich aber erst, als sie unser Kind auf dem Arm hatte und mein Mann sagte, dass sie unser Baby zurückgeben solle. Daraufhin hat sie unser Baby noch etwas fester an sich gedrückt, uns den Rücken zugewandt und ein NEIN als Antwort gegeben.
Erst nach der dritten Aufforderung hatten wir unser Kind wieder. Ihr war es nie genug, das Neugeborene zehn Minuten halten zu dürfen, sie hat den Hals einfach nicht voll bekommen. Ständig waren die Hände am Kind, parallel wurden das Tragetuch, der Haushalt und ich („Wie soll das mal mit nem zweiten Kind werden?“) kritisiert. Das volle Programm eben. Meine Schwiegermutter hat immer gesagt, dass eine Mutter ihr Kind wie eine Löwin beschützt – jetzt, wo ich selbst Mama bin, kann ich das nur bestätigen, denn jede Löwenmama beschützt ihr Kind vor lauernden Hyänen.
Meine Schwiegermutter fühlt sich bis heute in der Opferrolle. Sie kann sich beim besten Willen nicht erklären, wieso ich mich von ihr abgewendet habe. Mein Mann sagt, dass wir bei Besuchen in späterer Zukunft einfach die Hand über unser Kind halten müssen. Doch wie hält man die Hand über Jemanden, wenn man sowieso als entmündigt gilt?! Meiner Meinung nach sind Wechseljahre und Omastolz keine Entschuldigung für so ein Verhalten. Zurzeit sehe ich für Zukunft der Beziehung zwischen mir und der Schwiegerfamilie einfach nur schwarz.
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